Das Castillo-Morales Konzept, bestehend aus der »Neuromotorischen Entwicklungstherapie und der »Orofazialen Regulationstherapie« wurde von dem argentinischen Rehabilitationsarzt Rodolfo Castillo Morales (1940 - 2011) entwickelt.
- Unter der »Neuromotorischen Entwicklungstherapie« wird ein Behandlungskonzept für hypotone Kinder verstanden, wie z. B. Morbus Down, andere Hypotoniesyndrome, Meningomyelocelen, einfache motorische Retardierungen und periphere Paresen. Über bestimmte Stimulationszonen des Körpers werden zusammengehörende Muskelketten aktiviert, die Aufrichtung gegen die Schwerkraft, Stützfunktion, Gewichtsverlagerungen und das Gleichgewicht verbessert und funktionelle Bewegungsabläufe innerhalb verschiedener Etappen der normalen sensomotorischen Entwicklung differenziert und stablilisiert. Durch Wiederholung lernt das Kind diese Bewegungsabläufe allein durchzuführen und für seine alltäglichen Bedürfnisse zu nutzen.
- Die »Orofaziale Regulationstherapie« wird angewandt bei Kindern und Erwachsenen mit sensomotorischen Störungen im Bereich des Gesichts sowie des Mundes und Rachens und ist besonders für die Behandlung von Saug-, Schluck-, Kau- und Sprechstörungen geeignet. Der Anwendungsbereich ist sehr breit gefächert, ausgehend von Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, Morbus Down, anderen kongenitalen Pathologien mit mundmotorischen Störungen (z.B. Moebius-, Pierre-Robin-Syndrom), Zerebralparesen, Hirntraumen, Fazialisparesen bis hin zu einfachen Artikulationsstörungen.Die Behandlung dient der Vorbereitung der Muskulatur für die Funktionen des Essens, Trinkens und Sprechens. Durch die Stimulation bestimmter Bereiche am orofazialen Komplex werden die sensomotorischen Bewegungsabläufe der mimischen Muskulatur sowie der Zungen-, Kau- und Schluckmuskulatur verbessert und die Atmung positiv beeinflußt.
Das wesentliche Ziel der therapeutischen Arbeit ist die Verbesserung der Teilhabe der Patienten an deren Alltag durch größtmögliche Selbstbestimmung und Selbständigkeit. Dies versuchte Castillo Morales zu erreichen durch
- Verbesserungen der Kommunikationsmöglichkeiten
- Förderung der körpereigenen Wahrnehmung zur Unterstützung der sensomotorischen Entwicklung
- Regulation des Muskeltonus durch Berühren, Streichen, Druck, Zug und Vibration
- Verbesserung der orofazialen Funktionen für Aktivitäten wie Saugen, Schlucken, Kauen und Speichelflusskontrolle
- Unterstützung von Haltung, Position und Bewegung, um handeln zu können
- Gestaltung von Essen und Trinken als sozialem Erlebnis
- Verbesserung der Atmung
Seine Theorie gründet auf der Beobachtung der sozialen Interaktion. Wesentlich dafür ist die Kommunikation. So besteht die erste Aufgabe des Therapeuten darin, neben verbaler Kommunikation auch taktile oder visuelle (Blick, Mimik oder Gesten) Signale wahrzunehmen, um beispielsweise auch schwer beeinträchtigten Menschen oder Säuglingen Verständigungsmöglichkeiten anzubieten, um so deren Kommunikationsmöglichkeiten zu fördern.
Die Therapie nach dem Castillo Morales-Konzept ist derzeit hauptsächlich in Argentinien und Deutschland (900 ausgebildete Therapeuten) verbreitet, aber auch in Österreich, Polen, und der Schweiz.
Entwicklung
Seine Jugend verbrachte Morales in der Provinz Entre Ríos, wo er schon früh mit den Problemen der dortigen Arbeiter, darunter auch Menschen aus der indigenen Bevölkerung Argentiniens, konfrontiert wurde. Er beobachtete auch ihr Leben, ihr Verhalten und ihre Bräuche, wobei er besonders auf die besonderen persönlichen Kontakte in ihren Familien achtete. Er trat auch als Pantomime auf, was charakteristisch für sein Interesse an der Methodik der zwischenmenschlichen Kommunikation war.
Er absolvierte 1968 sein Medizinstudium in Córdoba, Argentinien, und erhielt eine Ausbildung in der therapeutischen Betreuung von Menschen in der Rehabilitation. Er erwarb auch praktische Fähigkeiten in Rehabilitationszentren. Seine therapeutische Ausbildung absolvierte er in Madrid.
Er studierte und wandte viele therapeutische Methoden an und interessierte sich besonders für das Bobath-Konzept, die ihn zu seiner eigenen therapeutischen Methodik inspirierte. Nach Abschluss seiner Ausbildung eröffnete er (zusammen mit Freunden) ein kleines Rehabilitationszentrum in Córdoba. Bei der Entwicklung seines Systems nutzte er die unter Indianern gemachten Beobachtungen.
1977 stellte er zum ersten Mal in Europa seine Ideen und Methoden vor, die auf der Massage von motorischen Bereichen des Körpers und des Gesichts bei Kindern mit Muskelhypotonie basieren. Er verbrachte ein Jahr in München, im dortigen Kinderzentrum, wo er seine Methode perfektionierte und sein Wissen vertiefte.