Isoformen: iNOS, eNOS, nNOS

In der Molekularbiologie spricht man Isoformen, wenn ein Gen, eine RNA oder ein Protein mit leichten bis größeren Unterschieden auftritt.
Eine Isoform ist also eine von mehreren verschiedenen Formen desselben Proteins. Verschiedene Isoformen eines Protein sind im Verlauf der Evolution entstanden. Sie können ihre molekularbiologische Grundlage in verschiedenen Genen haben oder können aus dem gleichen Gen durch alternatives Spleißen entstehen.

Stickstoffmonoxid Synthasen: Lokalisation und Funktion

Es sind drei Klassen von Stickstoffmonoxid-Synthasen (NOS = Nitric Oxide Synthase) identifiziert (Übersicht 1), von denen die endotheliale NOS (eNOS) und die neuronale NOS (nNOS) konstitutiv exprimiert werden, während die induzierbare NOS-Isoform (iNOS) auf transkriptioneller Ebene induzierbar ist.

NOS-Isoformen: nNOS, iNOS, eNOS

Übersicht 1: Schematische Darstellung der NOS-Isoformen


Endotheliale Stickstoffmonoxid Synthase

Die Funktion der eNOS liegt vor allem in der Relaxation der glatten Gefäßmuskulatur und darüber in der bedarfsabhängigen Regulation der Mikrozirkulation sowohl im Gehirn als auch in allen anderen Organen. Acetylcholin, Histamin, Bradykinin aber auch Scherstreß aktivieren Calcium-vermittelt die eNOS. Das produzierte Stickstoffmonoxid diffundiert in die benachbarte glatte Muskulatur, wo es durch Bindung an die lösliche Guanylatcyclase zu einem erhöhten cGMP-Spiegel führt, der letztlich eine Vasodilatation bewirkt.

Neuronale Stickstoffmonoxid Synthase

Das von der nNOS in den Nervenzellen des Gehirns (ZNS) und peripheren Nervensystems (PNS) produzierte Stickstoffmonoxid (NO) wirkt unter anderem als Neurotransmitter und Neuromodulator. Eine Anzahl von Publikationen belegt die Rolle des Stickstoffmonoxids (NO) im ZNS bei dem zellulären Korrelat des Gedächtnisses (Bohme, Bon et al. 1991; Schuman & Madison 1994; Faber, Zuschratter, Seidenbecher et al. 1996) und im PNS als Neurotransmitter (Hoyle & Burnstock 1995).
Zu beachten dabei ist die heterogene Verteilung der nNOS in unterschiedlichen Arealen des Gehirns. Während die nNOS in den Körnerzellen des Kleinhirns (Cerebellum) ubiquitär vertreten ist, beschränkt sich ihr Vorkommen im Neocortex sowie in den Basalganglien, bis auf wenige Ausnahmen, auf 1 – 2 % der Neurone. Ebenso schwankt die Zahl der NOS-positiven Neurone in den zum PNS zählenden Ganglien des autonomen Nervensystems beträchtlich.

Induzierbare Stickstoffmonoxid Synthase

Die iNOS wurde zuerst aus Makrophagen der Maus nach Stimulation mit bakteriellem Lipopolysaccharid (LPS) isoliert (Stuehr, Cho et al. 1991). Etliche weitere Zelltypen des Immunsystems, wie Kupferzellen, Mesangiumzellen, Mikrogliazellen und natürliche Killerzellen exprimieren die iNOS nach Induktion.
Überraschend war die Entdeckung, daß auch Zellen, die nicht zum Immunsystem zu rechnen sind, die iNOS exprimieren können. Dazu zählen Astrocyten, Endothelzellen, Hepatocyten, Fibroblasten, beta-Zellen des Pankreas sowie Tumorzellen (Lincoln, Hoyle et al. 1997; Vincent, Tilders et al. 1998). Die iNOS wird höchstwahrscheinlich sowohl in Zellkultur als auch In-vivo nur nach Stimulation exprimiert (Gebicke-Haerter, Van Calker et al. 1996). Zu den Induktoren gehören neben LPS vor allem Cytokine (Interferon-gamma (IFN), Tumornekrosisfaktor, Interleukine), aber auch bestimmte Pathogene, wie HIV-Proteine oder das beta-Amyloidprotein, sowie Hitzeschock und Hypoxie (Lincoln, Hoyle et al. 1997). Viele Studien haben synergistische Effekte bei der Kombination mehrerer Induktoren belegt (z. B. LPS + Interferon-gamma und zusätzlich Interleukin 1-beta oder Tumornekrosisfaktor alpha). Sicher scheint nur zu sein, daß der, sowohl durch Cytokine als auch durch oxidativen Stress, aktivierbare Transkriptionsfaktor NF-kB eine wesentliche Rolle spielt.

Immunsystem

Die Bedeutung von Stickstoffmonoxid in der Immunabwehr konnte eindrucksvoll an iNOS-‚Knockout‘-Mäusen gezeigt werden, die nicht mehr, oder nur in geringem Ausmaß, in der Lage waren, parasitären und bakteriellen Infektionen zu widerstehen (MacMicking, Nathan et al. 1995; Wei, Charles et al. 1995). Die immunrelevanten Wirkungen des Stickstoffmonoxids beruhen entweder auf einem cytostatischen Effekt durch Inhibition von Schlüsselenzymen der DNA-Synthese, oder aber einem toxischen Effekt, der über Nekrose bzw. Apoptose zum Zelltod führt. Toxisch wirkt Stickstoffmonoxid einerseits über eine Energiedepletion, Freisetzung von Zink aus DNA-Reperaturenzymen, Proteinmodifikation durch Nitrosylierung von SH-Gruppen und andererseits durch die Kombination mit Superoxid zu Peroxynitrit. Die Energiedepletion wird über eine direkte Inhibition der Mitochondrien (Richter, Gogvadze et al. 1994; Brorson, Schumacker et al. 1999) oder über die Aktivierung der PolyADP-Ribose-Polymerase (PARP oder auch PolyADP-Ribose-Synthethase (PARS)) bewirkt. Dieses Enzym verbraucht große Mengen an NAD+ und kann darüber einen Energiemangel erzeugen, der schließlich zum Zelltod führt (Brüne, Dimmeler et al. 1994; Szabo, Zingarelli et al. 1996).

 


 

Stickstoffmonoxid Synthese

 

Das gasförmige Stickstoffmonoxid wird gebildet durch eine NADPH- und Sauerstoff-abhängige 5-Elektronen-Oxidation der terminalen Guanidinogruppe des Arginins, wobei Citrullin und zwei Wassermoleküle als Koprodukte entstehen.
Durch Hydroxylierung entsteht zunächst das kurzlebige Zwischenprodukt Nw-Hydroxy-L-Arginin. Die hierfür benötigten Elektronen werden von der Reduktasedomäne der NOS durch Oxidation von NADPH bereitgestellt und über die Flavinnucleotide zum Häm-Eisen in der Oxygenasedomäne transportiert (Stuehr, Kwon et al. 1991). Durch die Reduktion von Fe3+ zu Fe2+ kann molekularer Sauerstoff bei der anschließenden Oxidierung von Fe2+ reduziert werden, indem ein Sauerstoffatom auf das Arginin übertragen und das zweite zu Wasser reduziert wird. Der hier beschriebene Reaktionsschritt ähnelt der typischen Monooxygenasereaktion der P450-Cytochrome. Die Aminosäure-Sequenz der C-Terminale Reduktasedomäne der NOS besitzt eine 58%ige Homologie zur Cytochrom-P450-Reduktase (Masters, McMillan et al. 1996). Nicht verwunderlich ist daher, daß die NOS als erstes ‚self-sufficient‘ P450-Enzym bezeichnet wurde, da hier im Gegensatz zu den P450-Cytochromen die Reduktasedomäne in das Protein integriert ist (Marletta 1994).

Die folgende NADPH-abhängige Oxidation von Nw-Hydroxy-L-Arginin zu Stickstoffmonoxid und Citrullin benötigt Tetrahydrobiopterin (BH4) und molekularen Sauerstoff. Die Rolle des Tetrahydrobiopterin ist noch Gegenstand der Forschung, da die benötigten Reduktionsäquivalente bereits vom NADPH zur Verfügung gestellt werden. Für das Tetrahydrobiopterin wird vor allem eine Funktion entweder als allosterischer Faktor (Mayer, John et al. 1990) oder aber als Stabilisator des Homodimers diskutiert (Baek, Thiel et al. 1993).

Für die toxischen Effekte der NOS ist von besonderer Bedeutung, daß bei Substratverarmung (Argininkonzentrationen < 100 µM) die NADPH-Oxidation teilweise entkoppelt wird (Heinzel, John et al. 1992). Dabei kann dann simultan Superoxid und Stickstoffmonoxid - mit der zumindest theoretischen Möglichkeit einer sofortigen Reaktion zu Peroxynitrit - produziert werden (Wever, van Dam et al. 1997; Xia, Roman et al. 1998).

 

Verteilung in den Zellen

 

nNOS

eNOS

iNOS

Typ

konstitutiv

konstitutiv

induzierbar

Vorwiegende Lokalisation

Neurone des ZNS + PNS

Endothelzellen

Immunzellen

Dauer der Aktivität

Sek.

Sek.

Std.

Synthesemenge

Picom.

Picom.

Nanom.

Subzelluäre Verteilung

90 - 100 % im Cytosol

95 % membranständig

80 - 90 % im Cytosol

 

Übersicht 2: Gegenüberstellung der drei NOS-Synthasen (modifiziert nach Berdeaux, 1993)

Die induzierbare und die konstitutiven NOS-Isoformen unterscheiden sich funktionell (Übersicht 2) durch ihre Abhängigkeit von intrazelluärem Calcium. Calmodulin bindet reversibel an die konstitutiven NOS-Isoformen (Schmidt, Pollock et al. 1992; Vincent 1994) bei intrazelluären Calciumkonzentrationen ab 200 - 400 nM, je nach Spezies und Isoform (Griffith & Stuehr 1995). Da diese durch Calmodulin vermittelte Dimerisierung zum Homodimer für die Aktivität der NOS entscheidend ist, kann die Aktivität durch Calmodulin-Antagonisten oder Calcium-Chelatoren kontrolliert werden. Diese auch pharmakologisch interessante Regulation besteht bei der iNOS nicht, da Calmodulin als prosthetische Gruppe irreversibel gebunden ist und so die iNOS konstitutiv aktiv hält (Nathan 1992).

 

 


 

 

 

Schmerzen & Verletzungen