Vitamin B ist eine Vitamin-Gruppe, in der acht Vitamine zusammengefasst sind, die alle als Vorstufen für Koenzyme dienen. Die Nummerierung ist nicht durchgehend, weil sich bei vielen Substanzen, die ursprünglich als Vitamine galten, der Vitamin-Charakter nicht bestätigen ließ.
Vorkommen
Die Vitamine der B-Gruppe stellen keine einheitliche Klasse dar. Sie sind chemisch und pharmakologisch völlig verschiedene Substanzen.
Die Gruppe der B-Vitamine kommt in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln vor (z. B. Broccoli, Spinat oder Grünkohl aber auch in Leberprodukten oder Fisch). Eine Ausnahme stellt Vitamin B12 dar, welches in pflanzlichen Lebensmitteln nicht enthalten ist und auch im Gegensatz zu allen anderen wasserlöslichen Vitaminen im Körper gespeichert werden kann.
Die einzelnen B-Vitamine
- Vitamin B1 ist Thiamin. Es besteht aus zwei heterozyklischen Ringen, einem Pyrimidin-Ring und einem Thiazol-Ring, die durch eine Methylengruppe miteinander verbunden sind. Die aktive Form des Vitamin B1 ist das Thiamindiphosphat (auch Thiaminpyrophosphat, TPP), das als Koenzym bei der Übertragung von Hydroxyalkyl-Resten (aktiven Aldehyd-Gruppen) mitwirkt. Die wichtigsten Reaktionen dieser Art sind die oxidative Decarboxylierung von 2-Oxosäuren und die Transketolase-Reaktion im Hexose-monophosphat-Weg. Thiamin wurde vor etwa 100 Jahren als erstes Vitamin entdeckt. Ein Mangel an Vitamin B1 führt zu Beriberi, einer Erkrankung, die durch neurologische Störungen, Herzinsuffizienz und Muskelatrophie gekennzeichnet ist. Zudem kann ein Mangel an Vitamin B1 das Korsakow-Syndrom verursachen, eine bei Alkoholikern häufig beobachtete Form der Amnesie (Gedächtnisstörung).
- Vitamin B2 ist Riboflavin.
- Vitamin B3, auch Vitamin P, ist Nicotinsäure (Niacin).
- Vitamin B5 ist Pantothensäure.
- Vitamin B6 ist Pyridoxin. Es kommt vor als substituierte Pyridine, dem Pyridoxol, dem Pyridoxamin und dem Pyridoxal. Die aktive Form des Vitamin B6, das Pyridoxalphosphat, ist das wichtigste Coenzym des Aminosäure-Stoffwechsels. Fast alle Umwandlungsreaktionen von Aminosäuren benötigen Pyridoxalphosphat, darunter Transaminierungen, Decarboxylierungen, Dehydratisierungen u. a. Auch Glycogenphosphorylase, ein Enzym des Glycogen-Abbaus, enthält Pyridoxalphosphat als Kofaktor. Ein Vitaminmangel ist selten.
- Vitamin B7, auch Vitamin H ist Biotin.
- Vitamin B9, auch Vitamin B11 oder Vitamin M ist Folsäure bzw. Folat.
- Vitamin B12 ist Cobalamin. Es ist einer der sehr kompliziertes niedermolekularen Naturstoffe. Den Kern des Moleküls bildet ein Tetrapyrrol-System (Corrin) mit einem Cobalt-Ion als Zentralatom. Das Vitamin wird ausschließlich von Mikroorganismen synthetisiert. Es findet sich besonders in Leber, Fleisch, Eiern und Milch, dagegen nicht in Pflanzenprodukten. Die Darmflora des menschlichen Dickdarms synthetisiert zwar Vitamin B12, was jedoch an dieser Stelle nicht mehr aufgenommen werden kann und wertlos ausgeschieden wird. Somit sollten strikte Vegetarier das Vitamin künstlich zuführen und ihren Wert regelmäßig überprüfen lassen. Cobalamin kann im Dünndarm nur resorbiert werden, wenn die Magenschleimhaut den sog. intrinsischen Faktor sezerniert, ein Glycoprotein, welches Cobalamin (den extrinsischen Faktor) bindet und dadurch vor dem Abbau schützt. Im Blut ist das Vitamin an ein besonderes Protein, das Transcobalamin, gebunden. Die Leber kann Vitamin B12 in Mengen speichern, die für mehrere Monate ausreichen. Ein Mangel an Vitamin B12 beruht meist auf dem Fehlen des intrinsischen Faktors und der dadurch ausgelösten Resorptionsstörung. Die Folge ist eine Störung der Blutbildung, die sog. perniziöse Anämie. Derivate des Cobalamins sind im tierischen Stoffwechsel vor allem an Umlagerungsreaktionen beteiligt. Sie fungieren z. B. als Koenzym der Umwandlung von Methylmalonyl-CoA zu Succinyl-CoA und der Bildung von Methionin aus Homocystein. In Prokaryoten wirken Cobalamin-Derivate auch bei der Reduktion von Ribonukleotiden mit.
Fundstellen
Weinkonsum erhöht Homocystein-Spiegel
Das „American Journal of Clinical Nutrition“ veröffentlichte Studienergebnisse (*), denen zufolge Weinkonsum die Homocysteinkonzentration erhöht, Bier dagegen keinen beziehungsweise einen inversen Effekt aufwies. Die Homocysteinkonzentration ist ein allgemein anerkannter Indikator für das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Im Rahmen der „French supplementation with antioxidant vitamins and minerals study“ untersuchten Wissenschaftler die Beziehung zwischen der Homocysteinkonzentration und dem Konsum von verschiedenen alkoholischen Getränken innerhalb der französischen Bevölkerung, die sich durch einen häufigen Weinkonsum auszeichnet. 1.196 weibliche und männliche Probanden füllten insgesamt sechs 24-Stunden-Ernährungsprotokolle während eines Jahres aus, an dessen Ende die Homocysteinkonzentration im Plasma der Probanden gemessen wurde. Bei Frauen korrelierte der Konsum von Wein positiv mit der Homocysteinkonzentration, bei Männern dagegen mit dem Konsum von Bier. Diese positive Assoziation bei Männern wurde weiter untersucht durch Einteilung der Männer in Weintrinker und Nicht-Weintrinker. Daraufhin stellten die Wissenschaftler fest, dass nur bei den Weintrinkern die positive Assoziation zwischen Bierkonsum und Homocystein auftrat. Bei den Nicht-Weintrinkern schien die Beziehung sogar invers zu sein. Mit diesen Ergebnissen konnte gezeigt werden, dass die Korrelation zwischen Alkoholkonsum und Homocystein von der Art des konsumierten alkoholischen Getränks abhängig ist. Ein moderater Bierkonsum scheint dabei keinen beziehungsweise einen inversen Effekt auf das Homocystein zu haben.
Dies könnte auf die Gehalte an Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12 in Bier zurückzuführen sein. Die Ergebnisse sind aber keine Aufforderung zum hemmungslosen Biergenuss. Alkoholische Getränke sollten grundsätzlich nur in moderaten Mengen getrunken werden. Eine unzureichende Folsäurezufuhr kann zu einem erhöhten Homocysteinspiegel beitragen.
(*) Quelle: Mennen LI et al.: Relation between homocysteine concentrations and the consumption of different types of alcoholic beverages : the french supplementation with antioxidant vitamins and minerals study. Am J Clin Nutr 2003; 78: 334-338
Hirnatrophie durch B-Vitaminmangel
Arteriosklerotische Veränderungen der Gehirngefäße und damit verbunden eine Störung der Versorgung der hochempfindlichen Gehirnzellen stehen im Verdacht, eine wichtige Ursache für nachlassende geistige Leistungsfähigkeit im Alter zu sein. Da diese kleinen Durchblutungsstörungen klinisch nicht auffallen, werden sie von Neurologen oft als “stille ischämische Hirnläsionen” bezeichnet. Auf lange Sicht manifestiert sich die Schädigung auch makroskopisch im Computer- bzw. im Kernspintomogramm als Hirnatrophie.
Unter den potentiellen Ursachen für arteriosklerotische Gefäßveränderungen einerseits und eine übermäßige Gerinnungsneigung des Blutes (was zu einer rezidivierenden Verlegung kleiner und kleinster Gehirngefäße durch kleine Thromben führt) andererseits könnten auch Störungen in der Versorgung mit B-Vitaminen und daraus resultierend ein Anstieg der Homocysteinwerte von Bedeutung sein. Israelische Wissenschaftler gingen dieser Hypothese nach. Eingeschlossen wurden 56 ambulante Patienten, bei denen vor Beginn der Studie ein Computertomogramm des Gehirns angefertigt wurde.
Je nach dem Befund wurden die Patienten einer von drei Gruppen zugeordnet: a) kleinere ischämische Läsionen, b) Hirnatrophie und c) unauffällige Befunde.
Verglichen mit den 24 Personen der Gruppe c) war der Homocysteinspiegel bei den 21 Patienten der Gruppe a) um bemerkenswerte 5.6 µmol/l höher, die Vitaminspiegel waren niedriger und die kognitiven Funktionen schlechter. Bei den 11 Patienten mit Gehirnatrophie fielen vor allem der deutlich niedrigere Vitamin B6-Spiegel und die ebenfalls schlechteren kognitiven Funktionen auf. Die Autoren empfehlen deshalb, bei älteren Menschen sorgfältig auf die Überwachung der Homocysteinwerte und des Vitaminstatus zu achten und, um Risikopatienten rechtzeitig zu identifizieren, auch auf Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit hin zu testen.
Quelle: Dementia & Geriatric Cognitive Disorders. 16(1):39-45, 2003. (Dr. Y. Dror, Hebrew Univ Jerusalem, Fac Agr Food & Environm Qual Sci, Inst Biochem Food Sci & Nutr,)
Leistungssport
Vitamin B6 (Pyridoxin)
Pyridoxin stellt die Vorstufe des biologisch aktiven Pyridoxalphosphats dar, das ein wichtiges Coenzym für eine Reihe von Enzymen ist. Für den Sportler ist in erster Linie die Beteiligung am Aminosäuren-Stoffwechsel interessant, bei dem es insbesondere für Transaminierungsreaktionen unentbehrlich ist.
Zur Vermeidung eines Abbaus von körpereigenem Eiweiß, zur Förderung der Regeneration und Aufrechterhaltung der Proteinsynthese in der Muskulatur kann der Bedarf in der Diät bei schwerem Körpertraining auf das Fünffache ansteigen. Der Pyridoxin-Bedarf hängt vom Proteinumsatz ab und steigt mit der Eiweißzufuhr. Der Bedarf an Vitamin B6 für ein Gramm Nahrungsprotein wird auf 0,02 mg geschätzt.
Fazit: Die Supplementierung ist sinnvoll. Um die Effizienz bei eiweißreicher Kost zu erhöhen, wird ein hoch dosiertes Komplexpräparat mit den Vitaminen B6, B12 und Folsäure empfohlen.
Vitamin B12 (Cyanocobalamin)
Vitamin B12 wird im Körper in die Wirkformen 5-Desoxy-adenosyl-cobalamin und Methylcobalamin umgewandelt. Diese sind als Coenzyme für Wachstum und Blutbildung erforderlich. Cyanocobalamin wird parenteral appliziert.
Fazit: Über einen sportspezifischen Mehrbedarf an Vitamin B12 ist relativ wenig bekannt. In der einschlägigen Literatur wird ihm durch Beteiligung an der Nucleinsäure-Biosynthese eine anabole Wirkung zugeschrieben. Dibencozide ist ein Vitamin B12-Derivat, das peroral gut resorbiert wird. Viele Kraftsportler sind von der anabolen Wirkung dieser Substanz überzeugt. Wissenschaftliche Studien sind nicht bekannt.
Quelle: Vorsicht vor der Prohormon-Falle; www.pharmazeutische-zeitung.de 8/2004