Als Rauschtrinken (= Komasaufen) wird eine Form des Alkoholkonsums bezeichnet. Dabei wird in kurzer Zeit viel Alkohol getrunken, mit dem Ziel einen Rausch herbeizuführen.

Definition

Eine allgemein als gültig anerkannte Definition gibt es nicht. Viele Wissenschaftler nutzen jedoch den Vorschlag von Henry Wechsler et. al aus dem Jahr 1994.
Dabei wird das sogenannte „Standardglas“ verwendet, um die verschiedenen alkoholischen Getränke bezüglich ihres Alkoholgehalts zu normieren. In Deutschland und der Schweiz entspricht ein Standardglas etwa 10 bis 12 Gramm reinem Alkohol (Ethanol) was 12,5 bis 15 Millilitern reinen Alkohol entspricht. Ein österreichisches Standardglas entspricht 20 g reinem Ethanol.

Beispiel:
5 Standardgläser entsprechen dann 5 x 40 ml Whiskey (40%). Dies entspricht 200ml der hochprozentigen Spirituose bzw. 10 „Schnapsgläsern“ mit je 0,02l (=2 cl).
5 Standardgläser entsprechen dann 3,2 x 500 ml Bier (4,5%). Dies entspricht 1.600 ml bzw. etwa 6 Bierdosen mit je 0,333l.

Als Rauschtrinken gilt demnach der „Konsum von mindestens 5 Standard-Gläsern Alkohol“ innerhalb einer Zeitspanne von 90-240 Minuten. Frauen vertragen aufgrund ihres geringeren Körpergewichts weniger Alkohol, weswegen man bei ihnen von 4 Standard-Gläsern ausgeht.

In der Epidemiologie gibt es seit 2004 eine weitere Definition von Rauschtrinken im Sinne von „Konsum jener Menge Alkohol, die eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,8 Promille bewirkt“.

Etymologie: im englischen bedeutet der Begriff „Binge“: ungezügelte und übermäßige Genusssucht. „Binge drinking“ wird deshalb auch als „Trink-Gelage“ übersetzt.

Jugendliche

Bei Jugendlichen dient das sogenannte „Komasaufen“ i.d.R. weniger dem Ziel, tatsächlich ins Koma zu fallen, sondern in relativ kurzer Zeit durch den Alkoholkonsum betrunken zu werden, um danach eine Party zu besuchen, in der Disko weiter zu feiern, oder sonstigen Unternehmungen nachzugehen.

Es wird auch als „bewusstes Rauschtrinken“, „Wetttrinken“, „Kampftrinken“ bzw. „Vorglühen“ bezeichnet. Der Begriff „ Komasaufen“ wurde in Österreich 2007 zum Unwort des Jahres gewählt.

Die Jugendlichen sind meist grundsätzlich daran interessiert, beim Trinken ein (individuell unterschiedliches) Limit nicht zu überschreiten. Dabei geht es um die Vermeidung von negativen Folgen wie Erbrechen, Schwindel und im schlimmsten Fall Alkoholvergiftungen. Unerfahrene Jugendliche sind hier besonders gefährdet, da sie ihr Limit kaum kennen und auch erste Warnzeichen einer Überdosierung eher übersehen.

Gruppendynamik

Das erste Rauscherlebnis findet so gut wie immer in der Peer-Gruppe statt, wobei das Einstiegsalter von Jungen wie auch von Mädchen durchschnittlich als zwischen 11 und 14 Jahren liegend angegeben wird.

Diese Gruppen haben eine Größe von mindestens 4-8 Jugendlichen, können aber auch bis zu 20 oder mehr Mitglieder aufweisen. Je kleiner die Gruppe, umso wahrscheinlicher, dass sie auch ausschließlich aus gleichgeschlechtlichen Jugendlichen bestehen. Je größer, umso wahrscheinlicher, dass sie „nach außen offen“ ist, also zwar aus einem „festen Kern“ besteht aber neue Mitglieder schnell aufnimmt (und diese evtl. auch schnell wieder gehen). Je größer die Gruppe ist, desto eher findet sich eine breite Altersspanne, während sich in den kleineren Gruppierungen eher gleichaltrige Jugendliche zusammenschließen. Die Cliquen üben i.d.R. keinen Druck auf nicht-trinkende Mitglieder aus.

Gemeinsame Trinkerlebnisse liefern ergiebige thematische Anlässe für die Kommunikation in der Gruppe. Demgegenüber werden alkoholfreie Abende (z.B. ins Kino oder Schwimmen gehen) häufig als ‚langweilig’ bzw. ‚blass’ beschrieben.

Treffpunkte

Die Gruppen treffen sich oft an öffentlichen Plätzen wie z.B. Parkplätze von Supermärkten, Bushaltestellen, Bahnhöfe, Sportplätze, Plätze vor Discotheken, Jugendtreffs, Half-Pipes oder Parks.

Getrunken wird auch an privaten Orten, also beispielsweise ‚sturmfreie Buden’, Partykeller, Garage, Bauwagen und auf Gartengrundstücken.

In jedem Fall wird darauf geachtet, dass die räumliche Entfernung zu den Erziehungsberechtigten eher Kilometer als Meter beträgt.

Nicht immer bleiben sie am selben Ort. Manche ziehen den ganzen Abend herum, fahren mit den öffentlichen Verkehrsmitteln durch die Gegend und steigen nach Belieben (v.a. in Ballungsgebieten).

Exzessives Trinken in Discos, Kneippen oder Bars kommt so gut wie nie vor. Zum einen tolerieren diese Etablissements keinen eingeschmuggelten Alkohol, und bei den offiziellen Preisen reicht das Budget der wenigsten Jugendliche aus, um ihr Ziel zu erreichen.
Viel wichtiger ist aber: die soziale Kontrolle und insbesondere die Anwesenheit von Erwachsenen die auch einer gewissen Fürsorgepflicht nachkommen müssen, ist an diesen Orten sehr viel direkter.

Der hochdosierte Alkoholeinfluss dient dazu Hemmungen abzubauen, Schüchternheit zu überwinden und die „Laune“ zu heben. Aber auch gegen Regeln zu verstoßen. Dies kann sich von „ein bisschen Scheiße bauen“ über Sachbeschädigungen bis hin zu körperlichen Übergriffen äußern.

Regeln

In der Peer-Gruppe kommen Jugendliche in Kontakt mit Alkohol und hier werden sie in die Rituale und Regeln des Konsums eingewiesen (also gewissermaßen in den „Ritus“ eingeführt). Ohne diesen Kontext gäbe es kein Rauschtrinken, denn alleine oder mit Erwachsenen zu trinken kommt den Jugendlichen fast nie in den Sinn.

Es gibt auch dezidierte Regeln welches Verhalten als normkonform angesehen wird und welches nicht. Und ein breites Repertoire von Strategien, wie der Umgang mit Alkohol aus Gründen der Minimierung der Risiken individuell und gruppenbezogen gestaltet wird. Dazu gehört auch der Ausschluss von Personen, die sich nicht an diese Regeln halten. Insbesondere exzessives Trinkverhalten und dessen Folgen werden negativ bewertet und sanktioniert, weil solche Übertreibungen unerwünschte Konsequenzen für die ganze Gruppe haben können.

Den Gruppen ist meist bewusst, dass z.B. strafrechtlich relevantes Verhalten als Ganzes oder einzelner Mitglieder die Aufmerksamkeit der Behörden, Lehrer und Eltern nach sich zieht, und nicht nur zu individuellen Strafen sondern auch zur Auflösung der Gruppe führen können.

Körperliche Folgen

Neben den allgemeinen körperlichen Folgen (vor allem langfristig) übermäßigen Alkoholkonsums gibt es aufgrund der enthemmenden und die Wahrnehmung trübenden Wirkung des Rauschtrinkens sollten insbesondere die Gefährdungen durch ungewollte und ungeschützte Sexualkontakte sowie die Gefahr der Verwicklung in Gewaltdelikte.

Zudem fallen Defizite zum Beispiel bei Gedächtnisaufgaben auf. Dabei ist offenbar das wiederholte Rauschtrinken gefährlicher, als der kontinuierliche Konsum einer vergleichbaren Menge Alkohol. Weiterhin sind die Schäden bei Jugendlichen ausgeprägter als bei Erwachsenen.

Ein Beispiel der generationsübergreifenden Schädigung durch Alkoholmissbrauch ist das fetale Alkoholsyndrom (FAS). Es handelt sich um die häufigste nicht genetisch bedingte Ursache für eine geistige Behinderung und entsteht durch eine Exposition des Feten mit Alkohol während der Schwangerschaft.

Prävention

Effektive Maßnahmen zur Prävention zu finden ist extrem schwierig (u.a. weil individuell sind) und hier können nur Denkansätze gegeben werden.

Gespräch

Zum einen bietet sich ein direktes Gespräch an, das sich vor allem durch „Zuhören“ auszeichnen sollte, und in dem die Worte „wir wollen nur helfen“, irgendwelche „Ausfrage-Strategien“ (um z.B. zu erfahren, wer noch beteiligt war), Drohungen oder Schuldzuweisungen, Appelle wie „Du bist doch schon fast erwachsen“ überhaupt nichts zu suchen haben.

Eltern

Zum anderen scheint es hilfreich, wenn Eltern Regeln für den Alkoholkonsum aufstellen. Kinder benötigen Regeln und Absprachen zur Orientierung, und akzeptieren diese häufiger als nicht (selbst wenn sie zunächst Protest einlegen). Auch wenn sich diese Regeln quasi nicht kontrollieren lassen, zeigen sie fast immer eine Wirkung, selbst wenn sie in Ausnahmefällen überschritten werden.

Und noch etwas: die meisten Erwachsenen haben selbst einen Vollrausch erlebt. Außerhalb ihrer Gruppe ist Jugendlichen dieser Zustand in gewisser Weise „peinlich“. Wenn ihr Kind deutlich alkoholisiert nach Hause kommt, verschieben sie alle Fragen, „Maßnahmen“ etc. auf den nächsten Tag. Reden sie möglichst wenig. Die Aufnahmefähigkeit ihres Gegenübers ist äußerst eingeschränkt. Stellen sie eventuell einen Eimer und ein Handtuch neben das Bett, und üben Sie ansonsten absolute Zurückhaltung.

Schulen

An den Schulen wird zwar hinreichend über Alkohol als Zellgift und seine langfristigen Folgen sowie die Gefahr einer akuten Alkoholvergiftung doziert.
Jedoch wird den Jugendlichen wenig bis gar kein Wissen vermittelt wie Alkohol genau auf das Gehirn und das „Bewusstsein“ wirkt. Welche Abstufungen es gibt (von beschwipst über Volltrunken bis Alkoholvergiftung) wie erkennt man diese bei sich selbst, welche Trinkertypen gibt es, usw.
Ein weiteres Problem ist, das die lehrmeisterliche Verkündigungen der Gefahren des Alkoholkonsums, und seine gleichzeitige Gesellschaftliche Akzeptanz einen Widerspruch darstellt.

 

 

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